4 min read •

Umbau verdrängt Neubau

<p>Trend zur energetischen Sanierung verändert Baubranche / Unternehmen der Gebäudetechnik nagen an Umsätzen etablierter Bauunternehmen</p>

Der Trend zu Energieeffizienz und Nachhaltigkeit verändert die Baubranche. Da zudem immer häufiger um- statt neugebaut wird, verlieren die etablierten Bauunternehmen derzeit Marktanteile – denn nun strömen Unternehmen aus angrenzenden Branchen wie Gebäudetechnik oder Baustoffhersteller in den lukrativen Markt für Umbauten.
Umbauten scheinen sich in Deutschland zum anhaltenden Trend zu entwickeln. So stieg der Anteil des Bestandsbaus am gesamten Bauvolumen in Deutschland von 54% im Jahr 2005 auf heute 68% .
Hinter diesem Trend stecken unterschiedliche Ursachen. Zum einen hat die vorhandene Bausubstanz ihre Nutzungsdauer noch lange nicht erreicht, allerdings wird man ohne Modernisierungsmaßnahmen den qualitativen, technischen und funktionalen Ansprüchen der Nutzer nicht gerecht. Zum anderen wird Wohnraum insbesondere in wirtschaftlich attraktiven Gebieten immer knapper, so dass Bauen im Bestand die attraktivere Alternative im Vergleich zum Neubau ist.
Hinzu gesellen sich einige gesellschaftspolitische Megatrends, darunter der weit verbreitete Wunsch, energieeffizient und nachhaltig zu wohnen und zu arbeiten. Dafür bedarf es einer Vielzahl ressourcenschonender Materialien, wozu auch intelligente und multifunktionale Werkstoffe zählen, sowie klimatisch „mitdenkende“ Materialien und Verbundwerkstoffe, die sich an die täglich wechselnden Bedingungen aus Sonne, Regen und Wind anpassen.
Zwar werden diese innovativen Werkstoffe heute meist für Neubauten entwickelt. Sie sind aber auch bei Umbaumaßnahmen breit einsetzbar. Außerdem entscheiden sich immer mehr Besitzer von Wirtschafts- und Wohnungsbauten für den Umbau, weil es heute energieeffiziente und kostengünstige Systemlösungen gibt, mit denen man die Umbaumaßnahmen besonders schnell realisieren kann. Energieberater empfehlen in der Regel Umbaumaßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden und wirken damit als Treiber für die Branche. Letztlich sind Umbauten oft auch günstiger im Vergleich zu Abbruch und entsprechendem Neubau. Zudem fördern neue Standards, politische Regulierung und zahlreiche Fördermöglichkeiten von Institutionen wie der KfW die Entscheidung zum Umbau.

Neue Player greifen Bauunternehmen an

All dieser Vorteile zum Trotz gilt es bei der Gebäuderenovierung einige Fakten zu beachten. „Der Umbau ist im Vergleich zum Neubau eine komplett andere Sache. Er verlangt andere und weiterreichende Kompetenzen als die Neuerrichtung eines Gebäudes“, berichtet Bernd Hirschle, der bei Arthur D. Little Unternehmen der Baubranche berät. „Diese Kompetenzen müssen von den etablierten Bau- und Handwerksunternehmen derzeit dringend aufgebaut werden, wenn sie ihr Terrain sichern wollen.“
Das Spannende: Die neuen Marktteilnehmer kommen ursprünglich aus den angrenzenden Branchen der Gebäudetechnik, wie etwa Siemens, Schneider Electric oder Vaillant, bzw. sind Hersteller von Baumaterialien, wie Rockwool oder Fermacell. Diese Anbieter gehen zusehends dazu über, den Einbau der von ihnen hergestellten Produkte im Rahmen der Umbaumaßnahme gleich mit anzubieten und sich so ein großes Stück des Umbauvolumens zu sichern oder zusätzlich Umsatz über das Angebot von Planungs- und Beratungsleistungen zu generieren. Dies geht in der Regel zu Lasten der etablierten Bau- und Handwerksunternehmen. Wilhelm Lerner, der die Strategy & Organization Practice bei Arthur D. Little leitet, über die weitere Entwicklung: „In den kommenden Jahren werden Bauunternehmen ihre klassische Position auf der Wertschöpfungskette aufbrechen und ursprünglich externe Gewerke in das eigene Bauunternehmen integrieren. Die noch heute zum Standard gehörende Gewerketrennung wird deshalb künftig aus der Wertschöpfungskette verschwinden.“

Optionen für Bauunternehmen

Doch wie sollen die etablierten Bauunternehmen auf diese neue Konkurrenz reagieren? Als wichtigen ersten Schritt sieht Wilhelm Lerner Investitionen in den Aufbau von Kompetenzen für den Umbau – sei es organisch oder durch Zukäufe. „Dabei geht es für Bauunternehmen darum, sich beispielsweise auf energetische Sanierung zu spezialisieren und sich dann in diesem Bereich mit angrenzenden Dienstleistungen zu verbreitern“, so Lerner.
Im nächsten Schritt stellt sich dann die Frage, wie sie diese neue Kompetenz organisatorisch im Unternehmen umsetzen sollen, um am Markt erfolgreich angenommen zu werden. Als weiteren Erfolgsfaktor sieht er den Bereich der Planung: „Im Bestandsbau werden 80 – 90 % der Kosten/Aufwand für die Projektausführung in der Planungsphase festgelegt und legen somit den Grundstein für die wirtschaftliche Durchführung  und einen positiven Ergebnisbeitrag.“

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Umbau verdrängt Neubau

<p>Trend zur energetischen Sanierung verändert Baubranche / Unternehmen der Gebäudetechnik nagen an Umsätzen etablierter Bauunternehmen</p>

Der Trend zu Energieeffizienz und Nachhaltigkeit verändert die Baubranche. Da zudem immer häufiger um- statt neugebaut wird, verlieren die etablierten Bauunternehmen derzeit Marktanteile – denn nun strömen Unternehmen aus angrenzenden Branchen wie Gebäudetechnik oder Baustoffhersteller in den lukrativen Markt für Umbauten.
Umbauten scheinen sich in Deutschland zum anhaltenden Trend zu entwickeln. So stieg der Anteil des Bestandsbaus am gesamten Bauvolumen in Deutschland von 54% im Jahr 2005 auf heute 68% .
Hinter diesem Trend stecken unterschiedliche Ursachen. Zum einen hat die vorhandene Bausubstanz ihre Nutzungsdauer noch lange nicht erreicht, allerdings wird man ohne Modernisierungsmaßnahmen den qualitativen, technischen und funktionalen Ansprüchen der Nutzer nicht gerecht. Zum anderen wird Wohnraum insbesondere in wirtschaftlich attraktiven Gebieten immer knapper, so dass Bauen im Bestand die attraktivere Alternative im Vergleich zum Neubau ist.
Hinzu gesellen sich einige gesellschaftspolitische Megatrends, darunter der weit verbreitete Wunsch, energieeffizient und nachhaltig zu wohnen und zu arbeiten. Dafür bedarf es einer Vielzahl ressourcenschonender Materialien, wozu auch intelligente und multifunktionale Werkstoffe zählen, sowie klimatisch „mitdenkende“ Materialien und Verbundwerkstoffe, die sich an die täglich wechselnden Bedingungen aus Sonne, Regen und Wind anpassen.
Zwar werden diese innovativen Werkstoffe heute meist für Neubauten entwickelt. Sie sind aber auch bei Umbaumaßnahmen breit einsetzbar. Außerdem entscheiden sich immer mehr Besitzer von Wirtschafts- und Wohnungsbauten für den Umbau, weil es heute energieeffiziente und kostengünstige Systemlösungen gibt, mit denen man die Umbaumaßnahmen besonders schnell realisieren kann. Energieberater empfehlen in der Regel Umbaumaßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden und wirken damit als Treiber für die Branche. Letztlich sind Umbauten oft auch günstiger im Vergleich zu Abbruch und entsprechendem Neubau. Zudem fördern neue Standards, politische Regulierung und zahlreiche Fördermöglichkeiten von Institutionen wie der KfW die Entscheidung zum Umbau.

Neue Player greifen Bauunternehmen an

All dieser Vorteile zum Trotz gilt es bei der Gebäuderenovierung einige Fakten zu beachten. „Der Umbau ist im Vergleich zum Neubau eine komplett andere Sache. Er verlangt andere und weiterreichende Kompetenzen als die Neuerrichtung eines Gebäudes“, berichtet Bernd Hirschle, der bei Arthur D. Little Unternehmen der Baubranche berät. „Diese Kompetenzen müssen von den etablierten Bau- und Handwerksunternehmen derzeit dringend aufgebaut werden, wenn sie ihr Terrain sichern wollen.“
Das Spannende: Die neuen Marktteilnehmer kommen ursprünglich aus den angrenzenden Branchen der Gebäudetechnik, wie etwa Siemens, Schneider Electric oder Vaillant, bzw. sind Hersteller von Baumaterialien, wie Rockwool oder Fermacell. Diese Anbieter gehen zusehends dazu über, den Einbau der von ihnen hergestellten Produkte im Rahmen der Umbaumaßnahme gleich mit anzubieten und sich so ein großes Stück des Umbauvolumens zu sichern oder zusätzlich Umsatz über das Angebot von Planungs- und Beratungsleistungen zu generieren. Dies geht in der Regel zu Lasten der etablierten Bau- und Handwerksunternehmen. Wilhelm Lerner, der die Strategy & Organization Practice bei Arthur D. Little leitet, über die weitere Entwicklung: „In den kommenden Jahren werden Bauunternehmen ihre klassische Position auf der Wertschöpfungskette aufbrechen und ursprünglich externe Gewerke in das eigene Bauunternehmen integrieren. Die noch heute zum Standard gehörende Gewerketrennung wird deshalb künftig aus der Wertschöpfungskette verschwinden.“

Optionen für Bauunternehmen

Doch wie sollen die etablierten Bauunternehmen auf diese neue Konkurrenz reagieren? Als wichtigen ersten Schritt sieht Wilhelm Lerner Investitionen in den Aufbau von Kompetenzen für den Umbau – sei es organisch oder durch Zukäufe. „Dabei geht es für Bauunternehmen darum, sich beispielsweise auf energetische Sanierung zu spezialisieren und sich dann in diesem Bereich mit angrenzenden Dienstleistungen zu verbreitern“, so Lerner.
Im nächsten Schritt stellt sich dann die Frage, wie sie diese neue Kompetenz organisatorisch im Unternehmen umsetzen sollen, um am Markt erfolgreich angenommen zu werden. Als weiteren Erfolgsfaktor sieht er den Bereich der Planung: „Im Bestandsbau werden 80 – 90 % der Kosten/Aufwand für die Projektausführung in der Planungsphase festgelegt und legen somit den Grundstein für die wirtschaftliche Durchführung  und einen positiven Ergebnisbeitrag.“